1. Was ist Leichte Sprache?

Mit Leichter Sprache wird eine barrierefreie Sprache bezeichnet, die sich durch einfache, klare Sätze und ein übersichtliches Schriftbild auszeichnet. Sie ist deshalb besser verständlich. Zu Leichter Sprache gehören immer auch erklärende Bilder, Fotos oder Grafiken.

2. Wie ist Leichte Sprache entstanden?

Das Konzept der Leichten Sprache ist aus der Praxis heraus entstanden. Die Idee dazu wurde in erster Linie im Rahmen des Bundesmodellprojekts „Wir vertreten uns selbst“ entwickelt, das zwischen 1997 und 2001 durchgeführt wurde. Im Jahr 2006 gründete sich dann das „Netzwerk Leichte Sprache“ (www.leichte-sprache.org).

3. Was ist das Besondere an Leichter Sprache?

Das Konzept der Leichten Sprache berücksichtigt insbesondere die Bedürfnisse von Menschen mit Lernschwierigkeiten, aber auch von Menschen mit Demenz oder von Menschen, die nicht so gut Deutsch sprechen oder lesen können.
Das Ziel der Leichten Sprache ist Textverständlichkeit. Sie gestaltet sich u. a. durch folgende Merkmale: Einfachheit, klare Gliederung, Prägnanz, kurze Sätze. Daran anknüpfend wurden bestimmte Regeln für Leichte Sprache entwickelt, die sich als hilfreich erwiesen haben:

  • Es werden kurze Sätze verwendet.
  • Jeder Satz enthält nur eine Aussage.
  • Es werden Aktivsätze eingesetzt.
  • Ein verständlicher Satz besteht aus den Gliedern: Subjekt + Prädikat + Objekt.
  • Der Konjunktiv wird vermieden.
  • Der Genitiv wird in den meisten Fällen durch den Dativ ersetzt.
  • Verneinungen werden wenn möglich vermieden und durch positive Formulierungen ersetzt.
  • Abstrakte Begriffe werden vermieden; wo sie notwendig sind, werden sie durch anschauliche Beispiele oder Vergleiche erklärt.
  • Mehrdeutige oder irreführende bildliche Sprache und Redewendungen werden vermieden.
  • Wenn Fremdwörter oder Fachwörter vorkommen, werden sie erklärt.
  • Bei langen Zusammensetzungen wird durch Bindestriche oder den sog. Mediopunkt deutlich gemacht, aus welchen Wörtern die Zusammensetzungen bestehen.
  • Abkürzungen werden beim ersten Vorkommen durch die ausgeschriebene Form erklärt.
  • Es wird keine Kindersprache verwendet.
  • Bilder oder Filme helfen, einen Text besser zu verstehen.
  • Wörter werden nicht in durchgehenden Großbuchstaben geschrieben. Kursive Schrift wird nicht verwendet.
  • Texte werden übersichtlich gestaltet.

Wenn es auch Leichte Sprache heißt – so ist sie keineswegs leicht zu sprechen oder zu schreiben. Weitere Informationen und Beispiele unter www.leichte-sprache.org bzw. https://www.leichte-sprache.org/leichte-sprache/die-regeln/

4. Was ist zu beachten, wenn das Evangelium oder gar die ganze Bibel in Leichte Sprache übertragen wird?

Biblische Texte sind religiöse Texte. Das heißt: Sie sprechen von etwas, wofür die „normale“ Sprache eigentlich nicht ausreicht. Auch deshalb ist die Bibel voller Bilder, Vergleiche und anschaulicher Beispiele: um Gottes Wort verständlich zur Sprache zu bringen.
Auch Jesus steht in dieser Tradition. Davon berichten das Neue Testament und insbesondere die Evangelien. Die Evangelien legen Zeugnis ab von Jesus und seiner Botschaft, die er den Menschen seiner Zeit verkündete. Um diese Botschaft vom bereits angebrochenen Reich Gottes für alle verständlich zu machen, wählt Jesus eine „zielgruppenorientierte“ Sprache. Er nimmt gezielt Gleichnisse und Bilder aus der Alltagswelt seiner Zuhörerinnen und Zuhörer auf, um so Gottes Wort zu veranschaulichen und verständlich zu machen.
Wir Christen nennen die Bibel „Wort Gottes“. Wir bemühen uns, dieses Wort Gottes zu verstehen und gehen achtsam damit um, um es nicht zu verfälschen. Dafür ist die Arbeit von Bibelwissenschaftlerinnen und Bibelwissenschaftlern und anderen Theologinnen und Theologen unverzichtbar. Nicht zuletzt werden wichtige Begriffe und Aussagen der biblischen Texte (wie z. B. Menschensohn, Messias, Versöhnung, Erlösung u. a.) dadurch verständlicher. Wer die Sprache der Bibel vom Hören und Lesen her gewohnt ist, kann aber auch manches stehen lassen, was er oder sie nicht sofort versteht.
Menschen mit Lernschwierigkeiten dagegen geben sich mit Unverständlichem oder Offenem nicht zufrieden. Entweder fragen sie konkret nach oder sie können dem Ganzen nicht folgen und „schalten ab“. Dennoch haben auch sie ein großes Interesse an der Bibel, an der Frohen Botschaft. Und gerade deshalb ist es dringend notwendig (und höchste Zeit), die Bibel in Leichte Sprache zu übertragen.

5. Was heißt das für Bibelübertragungen in Leichte Sprache?

Um einen Text in Leichte Sprache zu übertragen, müssen leichte Worte gewählt werden. Und kurze Sätze mit kleinschrittigen Sinnzusammenhängen. Das bedeutet, dass manche Begriffe exformiert werden müssen. D. h. der unausgesprochene, aber mitgewusste Inhalt eines Wortes muss direkt ausgedrückt werden, damit der Text verstanden werden kann. Oder aber Begriffe müssen durch andere Begriffe ersetzt werden.
Wählt man jedoch bei der Übertragung des Evangeliums andere Begriffe, kann unter Umständen der Originalwortlaut nicht erhalten bleiben. Wird dann, wenn man exegetisch korrekt denkt, der Text verfälscht? Oder wird er gerade erst dadurch zu einem für Menschen mit Lernschwierigkeiten verständlichen Text?
Ein Beispiel:  Es mag exegetisch diskutabel sein, das Wort Messias oder Menschensohn an bestimmten Stellen durch den Namen Jesus zu ersetzen. Bei der Übertragung in Leichte Sprache kann das bisweilen unumgänglich sein, um Textverständlichkeit zu erreichen.
Weitere Veränderungen des Originaltextes durch die Leichte Sprache können sein:

  •  Auslassungen,
  •  Einflechten von Interpretationen oder Exformationen,
  •  Ergänzung des Textes durch andere Bilder oder Vergleiche.

6. Was bedeutet das konkret für die hier veröffentlichten Texte?

Die oben genannten Zielgruppen der Texte sind bei der Lektüre stets zu berücksichtigen. Die hier veröffentlichten Übertragungen der Sonntagslesungen in Leichter Sprache wurden für die Verkündigung und Katechese zusammen mit Menschen mit Lernschwierigkeiten erstellt. Weder können noch sollen noch wollen sie gängige Bibelübersetzungen wie z. B. die Einheitsübersetzung oder die Lutherbibel ersetzen. Schon gar nicht können sie die persönliche Beschäftigung des Predigenden, der Katechetin oder des Katecheten mit dem Bibeltext und seiner Botschaft ersetzen. Unverzichtbare Grundlage jeder Predigt oder Katechese bleibt der Originaltext.
Und dennoch: Auch wenn die Texte zunächst für Menschen mit Lernschwierigkeiten übertragen wurden, können sie auch anderen Menschen helfen, einen vertieften Zugang zur Heiligen Schrift zu gewinnen.
Durch die Übertragung der Bibel in Leichte Sprache wird das Evangelium nicht nur für Menschen mit Lernschwierigkeiten, sondern z. B. auch für Glaubensanfänger verständlicher. Der Grundsatz, dass die Texte nur in positivem Sinn übertragen werden dürfen, bedeutet zugleich, dass durch das Übertragen tatsächlich die Frohe Botschaft zum Tragen kommt.